„Wir sind coronavoll“

Mediziner im Lauterbacher Eichhof-Krankenhaus und im Kreiskrankenhaus Alsfeld blicken besorgt auf die steigenden Infektionszahlen.

Die Inzidenzen im Vogelsbergkreis steigen seit geraumer Zeit. Das bekam jüngst nicht nur der Modellversuch in Alsfeld zu spüren, der durch eine Sieben-Tages-Inzidenz von über 200 am Donnerstag abgebrochen werden musste. Auch die beiden großen Krankenhäuser im Vogelsbergkreis, das Kreiskreiskrankenhaus in Alfeld und das Eichhofkrankenhaus in Lauterbach blicken zunehmend besorgt auf den Anstieg der Infektionszahlen und damit auch der Krankheitsfälle, die in den Kliniken behandelt werden müssen.

„Momentan sind neun Patienten auf Station und es gibt zwei Verdachtsfälle“, berichtet Dr. Arno Kneip über die derzeitigen Coronapatienten im Alsfelder Kreiskrankenhaus. Am Freitagvormittag sei ein Patient eingeliefert worden, der vermutlich beatmet werden müsse. Ansonsten müssten derzeit aber keine Beatmungen stattfinden. Der jüngste Corona-Patient sei momentan Jahrgang 1977.

Die weiteren Erkrankten seien „1962, drei mal 1955 und älter“ geboren.

Derzeit, so Kneip, lägen alle auf Einzelzimmer und es werde nicht kohortet. „Die Varianten werden noch getestet, bis die Ergebnisse vorliegen, dauert aber bis zu fünf Tagen, was mitunter problematisch ist, falls noch mehr Patienten kommen sollten, da man ja Mischungen meiden möchte“, fasst der Mediziner die Lage im Kreiskrankenhaus zusammen. Sollte es hinsichtlich der Betten eng werden, würden gleiche Mutanten-Fälle zusammengelegt, das sie momentan aber noch nicht der Fall. Derzeit habe man zwei Fälle von britischen Corona-Varianten auf Station, „wobei diese zwar hochansteckend ist, aber nicht so aggressiv wie die portugiesische oder afrikanische. Gestern ist überdies ein 80-jähriger Patient gestorben, der auch beatmet werden musste. Der war aber vorab schon schwer krank und ist quasi mit Corona gestorben“, so Kneip weiter.

Die Station 5 im Kreiskrankenhaus ist jetzt eine komplette Corona-Isolier-Station, die stückchenweise unterteilt wird – mit Isolier- oder Brandschutztüren – zwischen Covid-Patienten und Verdachtsfälle. Auf der Intensivstation gibt es zwei Corona-Betten, die momentan aber leer sind, und vier für anderen Patienten.

Was die Belegschaft angehe, sei diese momentan zwar „unkritischer als im Dezember, wo viele selbst an Corona erkrankt sind“. Grundsätzlich sei der Pflegenotstand aber natürlich ein Thema. „Wir haben diese Erfahrung auch im eigenen Team gemacht: Montag negativ getestet und Mittwoch krank“, so Kneip. Schnelltests gäben eben nur Sicherheit für ein paar Stunden.

„Am Limit“ auch im Eichhof

Im Lauterbacher Eichhof-Krankenhaus seien die Betten für Corona-Patienten „durchgängig voll“, wie der ärztliche Direktor Dr. Johannes Roth erklärt. „Die Zahlen steigen. Wenn wir fünf Corona-Patienten entlassen, stehen fünf weitere vor der Tür“, umschreibt er die sich zuspitzende Lage. 11 Betten habe man auf der peripheren Station für Corona-Patienten reserviert, zwei in der Notaufnahme und drei in der Intensivstation. Alle seien seit Ostern „coronavoll“. „Und die Lage wird sich noch verschärfen“, blickt er pessimistisch auf die kommenden Tage und Wochen. Besonders verärgert ist er über die Lage des Pflegepersonals, dass sich von der Politik im Stich gelassen fühle. „Die Pflegekräfte haben die Faxen dicke“. Man arbeite bereits am Anschlag und daher könne es sogar sein, „dass wir demnächst Betten sperren müssen, sollten Pflegekräfte wegen Überlastung ausfallen“. Die Zahl der Intensiv- und Peripher-Betten sei eine Sache, aber wenn man nicht den entsprechenden Betreuungsschlüssel habe, nutzten auch 100 Intensivplätze nichts. Hinzukomme auch noch, dass Behandlungen, die 2020 wegen Corona verschoben wurden „jetzt auch noch zusätzlich drücken“. „Wir haben quasi derzeit einen Behandlungsstau, so Roth.

Dem Appell von Dr. Kneip kann sich der ärztliche Direktor aus Lauterbach sicher anschließen. „Corona ernst nehmen und sich privat zurückhalten! Wer einen Patienten hat sterben sehen, einsam und isoliert, wird Respekt bekommen!“